Bernadette:
'Mit meinem Atem kann ich alt werden.'

Bernadette (57) lebt in München und hat zwei erwachsene Kinder. Ihr Sohn wohnt mit seiner Familie und dem Enkelkind ganz in der Nähe und ihre Tochter erwartet gerade ihr erstes Kind. Bernadette arbeitet als Frisörmeisterin. Seit fünfeinhalb Jahren besucht sie Gruppen- und Einzelstunden und Atemseminare, die sie aus eigener Tasche finanziert.

Wie kamen Sie zur Atemtherapie'

Das war in einer Yogastunde. Da haben wir den Kopfstand gemacht und da hat mich die Yogalehrerin auf meinen Atem aufmerksam gemacht: 'Bernadette atme.' Sie hatte bemerkt, dass ich den Atem verhalte im Kopfstand. Als sie mir das gesagt hatte, habe ich es auch gemerkt und war so irritiert, dass ich gleich aus dem Kopfstand gefallen bin. Das war im Frühjahr 2002. Ich habe mich dann im Sommer auf ihr Anraten hin zu einem Yoga und Atem Seminar für acht Tage angemeldet. Da habe ich meine jetzige Atemtherapeutin kennen gelernt. Ich habe danach noch an mehreren Atem- und Yogatagen teilgenommen. Im Frühjahr 2003 hatte ich eine schwierige Lebenssituation. Da ist meine Mutter gestorben. Das war alles schwierig für mich zu verarbeiten. Da bin ich im Juni 2003 zum ersten Mal zur Atembehandlung gegangen.

Welche Art (en) der Atemtherapie erfahren Sie / haben Sie erfahren'

Drei Jahre lang ging ich alle drei Wochen zur Atembehandlung, ab und zu machte ich ein Tagesseminar mit und ab 2004 ging ich zusätzlich regelmässig in die Atemgruppe. Seit einem Jahr habe ich die Einzelbehandlungen intensiviert und mache jetzt so etwa alle zwei Wochen eine Stunde.

Praktizieren Sie Atemübungen im Alltag'

Ja. Das heisst, das ist so übergegangen in meinen Alltag. Ab und zu merke ich zum Beispiel wenn ich Rad fahre, dann atme ich manchmal ganz tief aus. Das fällt mir so nebenbei auf und dann freue ich mich. Das ist so, das steht mir einfach immer zur Verfügung. Ich muss das nicht extra machen. Die Atemverhaltung ist schon lange weg. Nur in Extremsituationen, da merke ich, wie ich manchmal schneller und flacher atme. Da fällt es mir manchmal schwer meinen Atem zu beruhigen. Dass ich diese Möglichkeit gefunden habe, den Atem zu beruhigen, also das ist sehr hilfreich.

Welche Erwartungen an die Atemtherapie haben Sie'

(Lacht) Keine. Das passiert einfach. Wenn ich was erwarte – wenn ich dann hingehe ist es eh wieder anders. Also keine Worte dafür.

Was möchten Sie, soll die Atemtherapie bei Ihnen bewirken'

Die wirkt einfach. Das kann ich nicht so sagen. Das ist ein Prozess in dem ich mich befinde. Das passiert einfach. “Wollen” geht gar nicht. Die Frage stört mich direkt. Ich will gar nicht willen wollen. Verstehst du' Das ist ein Prozess. Der entwickelt sich von alleine. Was will ich da' Das kannst du eh nicht steuern. Das ist auf der unbewussten Ebene. Kopflastig: ich will – Ich habe – ja und' – Das kannst du nicht steuern in dieser Form. Erwartung stimmt sowieso nicht. Wenn ich was erwarte, dann findet der Prozess nicht statt. Ich erwarte gar nichts. Früher, als ich jung war, sagte ich mir: “Ohne Erwartung keine Enttäuschung.” Aber durch den Atem ist diese Erwartungshaltung völlig zurück gegangen. Ich mache einfach weiter. Lasse den Prozess ablaufen und spüre das Wohlgefühl, was daraus entsteht, ohne dass ich mir was denken muss.

Was hat die Atemtherapie bei Ihnen bewirkt'

Ruhe und Gelassenheit. Ja ich bin ruhiger geworden. Und dann auch von den Organen her entspannter. Vor allem im Bauchraum. Da hat sich viel verändert. Das war früher richtig fest. Das ist weicher geworden und gel'ster durch den Atem. Auch durch das T'nen, das Summen im Herzraum. Das ist harmonisierend und verbindend. Ich bin auch ausgeglichener geworden, freudiger, positiver. Ich kann meine Gefühle klarer fühlen, unterscheiden und auch ausdrücken; also sprachlich, ich kann sie besser formulieren. Mehr Spontaneität in der Sprache. Und was ganz toll für mich ist, weil es mein Selbstvertrauen stärkt: ich merke, dass ich viel besser für mich sorgen kann. Es gibt Situationen da komme ich so unter Druck, dass ich schnell und kurz atme. Ich atme viel ein und wenig aus und dann bekomme ich Krämpfe in den Händen, diese Pfötchenstellung. Das habe ich zwei Mal in meinem Leben gehabt. Das erste Mal musste der Arzt kommen und sie haben mir eine Plastiktüte aufs Gesicht gehalten. Das zweite Mal als die Verkrampfung kommen wollte, als ich das gespürt habe, da habe ich mich an meinen ruhigen Atem erinnert und habe gesagt: Ich leg mich jetzt hin und atme ruhig. Und ich bin damit zurecht gekommen. Mit meiner Atmung habe ich das hingekriegt. Es hat sich aufgelöst. Das war ein so super Erfolg und eine so tiefe Erfahrung, das ich die Fähigkeit hab mir selber zu helfen. Das stärkt mein Selbstbewusstsein, dass ich gut für mich sorgen kann. Mein Atem gibt mir Selbstvertrauen. Ich brauche jetzt in so einem Fall keinen Arzt mehr und keine Plastiktüte.

Wenden Sie die Atemtherapie in Verbindung mit anderen Therapieformen oder/und wegen der Persönlichkeitsentwicklung an'

Ja. Ich mache seit 17 Jahren Yoga und ich gehe regelmässig einmal im Monat zu einem Abend, an dem wir in der Gruppe Trommeln und Tanzen. Das ist eine spirituelle Art des Tanzens und Trommelns.

Sind die Erfahrungen mit dem Atem wichtig f'r ihre persönliche und spirituelle Entwicklung'

Ja. Ohne den Atem wäre ich nicht da wo ich jetzt bin. Und die Prozesse gehen weiter. Mit meinem Atem kann ich alt werden. Das weiss ich jetzt.

Welche allgemeine Bedeutung messen Sie der Atemtherapie bei'

Ich finde, das sollten mehr Leute machen, weil es im Alltag als Ausgleich gut ist und auch sehr hilft, den beruflichen Forderungen stand zu halten. Ich find`s auch als Gruppenangebot sehr gut. Da lernt man aneinander, man sieht, wie die anderen sich entwickeln und man ist mit den unterschiedlichsten Menschen konfrontiert. Das ist gut.

Ich kann viel besser f'r mich sorgen

Was ganz toll für mich ist, weil es mein Selbstvertrauen stärkt: ich merke, dass ich viel besser für mich sorgen kann. Es gibt Situationen da komme ich so unter Druck, dass ich schnell und kurz atme. Ich atme viel ein und wenig aus und dann bekomme ich Krämpfe in den Händen, diese Pfötchenstellung. Das habe ich zwei Mal in meinem Leben gehabt. Das erste Mal musste der Arzt kommen und sie haben mir eine Plastiktüte aufs Gesicht gehalten. Das zweite Mal als die Verkrampfung kommen wollte, als ich das gespürt habe, da habe ich mich an meinen ruhigen Atem erinnert und habe gesagt: Ich leg mich jetzt hin und mach das. Und ich bin damit zurecht gekommen. Mit meiner Atmung habe ich das hingekriegt. Es hat sich aufgelöst. Das war ein so super Erfolg und eine so tiefe Erfahrung, das ich die Fähigkeit hab mir selber zu helfen. Das stärkt mein Selbstbewusstsein, dass ich gut für mich sorgen kann. Mein Atem gibt mir Selbstvertrauen. Ich brauche jetzt in so einem Fall keinen Arzt mehr und keine Plastiktüte.